Der Grad der Aufwertung unserer Viertel hat erschreckende Ausmaße angenommen. Kaum jemandem dürfte entgangen sein das die Umstrukturierung und Vertreibung ganzer Stadtteile so rasant voran geschritten ist das Mensch seine eigene Nachbarschaft binnen weniger Jahre nicht mehr wieder erkennt. Alte Häuser werden luxus-saniert oder gleich dem Erdboden gleich gemacht. Soziale Strukturen werden zerrissen, auf langjährige Nachbarschaften wird gekackt. Ein lebendiges Viertel fern ab der kapitalistischen Verwertungslogik bietet den versuch einer Parallele zur sklavischen Unterdrückungsmethodik der herrschenden. Es kann somit Grundlage und Basis einer emanzipatorischen Entwicklung sein. Nicht zuletzt aus diesen Gründen haben die Herrschenden ein Interesse daran diesem versuch die Grundlage zu entziehen. Menschen die sich nicht mehr kennen und anonym, getrennt durch 20cm Beton, wohnen fällt es schwer sich zu solidarisieren, sich zu emanzipieren oder gar zu radikalisieren. Das miteinander verschwindet nach und nach. Zurück bleibt ein Viertel in dem Lohnarbeitenden sich über den neuen Flatscreen freuen, aber sich nicht mehr für die belange und sorgen der Menschen kümmern die eine Tür weiter wohnen. Die Stadt der Reichen impliziert automatisch die Vereinzelung eines jedem/jeder. Sie isoliert Gefühle und Emotionen und versucht diese durch eigens aufgebaute Orte und Events zu ersetzen. Ein Gutes Beispiel ist die Rindermarkthalle auf St.Pauli. Dort können Yuppies und Richkids einkaufen und ein Teil des Ganzen sein. Der extra ausgeschüttete Sand bietet nun ein tolles Beatch-feeling im Herzen von St. Pauli. Der Gentrifizierungsprozess in der Schanze ist nahezu abgeschlossen. Ein Großbauprojekt folgt dem anderen und die mieten sind ins Absurdeste gestiegen. Die Entwicklung smarter Viertel wie der Hafencity dienen als Blaupausen und Versuchslabore des Konzepts der Stadt der Reichen. Sie sind so konzipiert das jedes kleinste aufbegehren überwacht und sofort geahndet wird. Gut einsehbare Häuser, keine Ecken und breite Straßen damit jeder Bullenwagen bequem mögliche Unruhestifter verfolgen kann. Eine Stimmung wie in einer Shoppingmall am Sonntag. Sie wollen mit netten Angeboten und Luxus Spielplätzen eine familiäre und freundlich Atmosphäre schaffen. Doch das Zusammenleben was sie an andern Orten auslöschen kann sich nicht künstlich wiederherstellen lassen. Denn die Logik der Bonzen dieser Stadt ist nicht die unsere. Unsere Strände sind dreckige Straßen und Gehwege. Dunkle Hinterhöfe und alte Parkbänke sind unser Meer und unsere Sonnenstühle.
Mit Freuden erinnern wir uns darum an die Ausnahmen an denen die Stille durchbrochen wurde und sich zumindest ein Moment der Freiheit angeeignet wurde. Wir vergessen nicht das im Jahr 2014 eine Gruppe den Versuch gewagt hat ein neu gesquatetes Haus militant zu verteidigen. Mit Steinen, Feuerlöscher, Waschbecken, Pyro und Farbe bereiteten sie den Schweinen eine unangenehme Stunde mit dessen Wucht sie nicht rechneten. In Zeiten übertriebener Repression, der Verbreitung von Angst und Ohnmacht ist dieser Akt ein wundervoller Ausdruck der Wut gewesen und verdient auch vier Jahre später gewürdigt zu werden.
Die Schweine die die Zerstörung unseres Lebensraumes zu verantworten haben sitzen nicht nur in der Politik oder in Bullenwachen, sie sind überall zu finden. Es sind Makler, Vermieter, Spekulanten, Abrissunternehmen, Bauunternehmen und eben auch Architekten.
Und so zog es uns Donnerstag Nacht zum Haus in dem der Architekt Sven Hidde seinen Sitz hat. Er ist beauftragt den Luxusbau zu designen dem das besetzte Haus in der Breitenstraße weichen musste. Unter anderem ist das Architektenbüro Hyden und Hidde für viele weitere Yuppiebauten verantwortlich und war unter anderem mit 73 Häusern auf der schwer kritisierten IBA vertreten. Schon im Jahre 2014 hat es das Büro getroffen. Jetzt legten wir nach und besuchten das Gebäude mit einem Farbfeuerlöscher als minimale Geste gegen die Zustände in dieser Stadt und als Grußbotschaft nach Berlin zu den Chaos- und Disskusionstagen.
Eine solidarische Stadt braucht viele gute Ideen und viele Strömungen gut organisierter und wütender Menschen. Wir dürfen niemals aufhören an uns selbst zu arbeiten und die Idee der einer freiheitlichen, antiautoritären Gesellschaft auszubauen und weiterzuentwickeln. Auch unser da sein als Personen mit freiheitlichem Anspruch steht im direktem Kontext mit dem Kampf gegen die Stadt der Reichen. Wir grüßen die Freund*Innene und Gefährt*Innen in Berlin die dieser Tage die Chaos- und Disskusionstage abhalten. Wir sehen es als schönes Gegenprogramm zum hedonistischem Hafengeburtstag der in diesen Tagen in Hamburg stattfindet und hoffen das auch aus Hamburg einige Menschen den Weg nach Berlin finden, diskutieren und für Chaos sorgen statt den weg zum Tresen einzuschlagen.
In solidarischen Grüßen: Viva la Berni! Kogge bleibt! Black Triangel verteidigen!
Liebe und Kraft an Isa, Michael und Nero die in Berlin auf Grund revoltierendem Verhaltens im Knast sitzen sowie allen anderen Gefangenen.
Gegen die Stadt der Reichen!
Quelle: Indymedia (Tor)