Hamburg, 1. Mai 2017
Gestern, am 1. Mai 2017, haben wir in Hamburg Wilhelmsburg entschlossen unsere Wut über den sich ausbreitenden Faschismus in der Türkei zum Ausdruck gebracht. Wir nehmen das allgemeine Schweigen angesichts der sich zuspitzenden Situation in der Türkei nicht weiter hin. Wir befinden uns in einer Zeit, in der weltweit brutale Kriege geführt werden, patriarchale und faschistische Gewalt zunimmt und sich die ökologische und soziale Frage zuspitzt. Angesichts dessen werden wir nicht länger still sitzen, sondern aktiv Widerstand leisten. Um unserer Wut über die grausamen Verhältnisse Ausdruck zu verleihen, sind wir gestern entschlossen mit einer Spontandemonstration durch Hamburg Wilhelmsburg gezogen und haben mehrere Orte angegriffen.
Die Auswahl der Orte folgte aus der Analyse heraus, dass die Mitverantwortlichen für den Faschismus in der Türkei und den Krieg in Kurdistan, auch hier aktiv bekämpft werden müssen. Deshalb haben wir folgende Orte angegriffen:– Bei einem Kiosk, der für ein Evet (türkisch für „Ja“) beim Referendum in der Türkei Werbung gemacht hat, gingen Scheiben kaputt.
– Bei einem Gemüsehändler, der die AKP unterstützt, gingen ebenfalls Scheiben zu Bruch.
– Die Filiale der Deutsche Bank musste ebenfalls Glasbruch in Kauf nehmenAußerdem wurde ein Laden markiert, der die Gentrifizierung im Stadtteil aktiv vorantreibt.
Wir begreifen unsere Aktion nicht als ein isoliertes Ereignis, sondern setzen sie notwendig in Verbindung zu anderen Kämpfen, die sich in der Geschichte gegen das System gerichtet haben und heute weiter geführt werden. Dabei haben wir den 1.Mai nicht zufällig ausgewählt.
Der 1. Mai ist der Tag, an dem weltweit Menschen gegen dieses System, dass auf Ausbeutung und Unterdrückung beruht, auf die Straße gehen. Denn vor genau 40 Jahren, am 1.Mai 1977, eröffneten Faschisten das Feuer auf die Demonstrierenden der 1. Mai Demo auf dem Taksim-Platz in Istanbul. Dabei sind 34 Personen ermordet worden, 136 wurden verletzt. Um an diese Kämpfe zu erinnern und sie weiterzuführen, haben wir uns diesen Tag ausgesucht um Rache zu üben.
Auch damals profitierten die Weltmächte von dem Krieg in der Türkei und in Kurdistan. Es liegt dem System inne, aus Kriegen Profit zu schlagen, den Kapitalfluss durch Waffenexporte und die gewaltsame Expansion von Absatzmärkten zu fördern. Kolonialismus und Imperialismus haben ihre Form verändert, doch der ihnen inne wohnende menschenverachtende Mechanismus besteht weiterhin. So ist es heute unter anderem auch die Deutsche Bank, die durch ihre Kreditvergaben aus dem schmutzigen Krieg in Kurdistan Profit schlägt.
Die Menschen am Taksim-Platz trugen am 1.Mai 1977 ihren Widerstand gegen dieses System auf die Straße. An diesen Widerstand knüpfen wir an. Es ist der gleiche Kampf, den wir heute führen.
Auch die Gezi-Proteste haben vor 4 Jahren an diese Kämpfe angeknüpft und sich u.a. gegen die profitorientierte Stadtentwicklung gerichtet, die durch Gentrifizierung Menschen vertreibt, aus dem eigenen Lebensraum verdrängt und gleichzeitig die Mieten in die Höhe treibt. Die Kämpfe gegen Gentrifizierung in der Türkei sind die Gleichen, die wir hier führen, da sie sich nicht nur gegen das einzelne Symptom sondern gegen das System an sich richten. Deswegen haben wir uns entschieden in diesem Zusammenhang auf die neoliberale Stadtentwicklung hinzuweisen, die hippe Restaurants eröffnet, in denen sich das Essen nur diejenigen Leisten können, die nicht in prekären Arbeitsverhältnissen leben müssen.
Diese Aktion war ein Ventil unserer Wut und ein Mittel der Rache an all den ermordeten Menschen, die im Kampf gefallen sind. Wir werden nicht aufhören weiterhin auf die Situation in der Türkei und in Kurdistan aufmerksam zu machen und fordern alle auf sich aktiv gegen den Faschismus zu stellen.
Der Kampf für eine befreite, selbstverwaltete Gesellschaft kann nur global geführt werden, deswegen stehen wir Schulter an Schulter mit allen Widerstand leistenden Menschen in der Türkei, in Kurdistan sowie überall auf der Welt, wo sich Menschen aktiv für eine freie Gesellschaft kämpfen und sich gegen dieses System stellen. Dabei ist uns klar, dass wir die Kämpfe gegen Faschismus, Gentrifizierung und Kapitalismus, sowie alle anderen Kämpfe, die sich gegen Unterdrückung richten, vereinen müssen.
Gestern haben wir an einem Ort zugeschlagen wo ihr es nicht erwartet habt. Genauso werden wir es beim G20 Gipfel machen, wenn neben Erdogan andere menschenverachtende Kriegstreibende nach Hamburg kommen. Wir werden immer da zuschlagen wo ihr uns nicht erwartet und diejenigen angreifen, die einem freien Leben im Weg stehen.
Das kapitalistische System greift uns tagtäglich an, doch wir werden uns wehren und zurückschlagen. Und zwar da wo ihr es am wenigsten erwartet!
Mit Wut und Rache, Feuer und Flamme gegen dieses System!
Jin, Jiyan, Azadi!
Quelle: Linksunten