Aachen, 21. April 2020
Wir haben in der Nacht auf den 21.04.20 an drei Stellen in der Städteregion Aachen mehrere Fahrkartenautomaten aus dem Verkehr gezogen. Als Anlass diente uns der globale Klima-Aktionstag am 24.04.20. Uns geht es darum, die Forderungen von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen nach kostenlosem Nahverkehr Stück für Stück umzusetzen. Unsere Beweggründe wollen wir in diesem Text etwas ausführen.
Kostenloser Nahverkehr für alle ist sowohl aus sozialen als auch aus ökologischen Gründen sinnvoll und notwendig. Die Forderung danach besteht schon lange in Teilen der Klimabewegung und auch Menschen, die gegen soziale Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft kämpfen, berufen sich darauf.
Der Individualverkehr hat einen sehr hohen CO2 Ausstoß zur Folge, die Autoindustrie verursacht einen extrem hohen Ressourcenverbrauch und Natur und Tiere leiden unter der Einengung ihrer Lebensräume, beispielsweise durch Autobahnen oder den massiven Platzverbrauch durch Parkplätze. Viele Menschen können sich einfach kein Auto leisten und sind damit auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen. Doch auch dieser ist teuer. Es kann nicht sein, dass Bewegungsfreiheit ein Luxusgut ist und sie sich erkauft werden muss. Die Busse und Bahnen fahren ja so oder so, meistens mit freien Sitzplätzen.
Der Staat und Konzerne profitieren entweder durch die unmenschlich hohen Preise oder durch die hohen Bußgelder wegen Schwarzfahrens. Wir sind dagegen, dass Menschen kriminalisiert werden und im schlimmsten Fall sogar im Knast landen, weil sie sich in ihrer Mobilität nicht einschränken lassen wollen. Die Gefängnisstrafe wir oftmals verhängt, wenn das angesetzte Strafgeld nicht gezahlt werden kann, dies entspricht einer Ersatzfreiheitsstrafe. Circa 10 % aller Menschen in den deutschen Knästen sitzt eine Ersatzfreiheitsstrafe ab, darunter auch viele Schwarzfahrer*innen, die TAZ bzw. der Verband deutscher Verkehrsunternehmen spricht von etwa 7.000 Menschen jährlich.
Doch es ändert sich nichts durch Demos oder Unterschriftensammlungen. Missstände in unserer Gesellschaft werden gerade in dieser Zeit der Krise deutlich sichtbar. Dass die Maßnahmen zur Einschränkung der Corona-Pandemie in diesem Kontext einen positiven Effekt haben, ist eine Ausnahme und reiner Zufall. Denn dabei geht es nicht um den Anspruch, den Forderungen der Bevölkerung gerecht zu werden.
Da es nicht ausreicht, wenn es ein Bedürfnis der Bürger*innen gibt, haben wir beschlossen, auf andere Aktionsformen zu setzen und die Dinge selber in die Hand zu nehmen. Unser Mittel der Wahl war hierbei die Sabotage. Wenn es nicht möglich ist, ein Ticket zu erwerben, sollte Umsonstfahren auch nicht als Straftat gewertet werden können.
Wir empfinden diese Maßnahme und den Ausdruck unseres Protest als legitim, auch wenn sich dieser nicht im legalen Rahmen befindet. Die Legitimität von Aktionen lassen wir uns nicht von Gesetzen, die von den regierenden Politiker*innen erlassen werden, vorschreiben. Wir finden es wichtig sich Handlungsspielräume offen zu halten und zu erweitern und dabei selber abzuwägen, ob die Art des Protests und der Aktion angemessen ist oder nicht. Wir geben uns nicht zufrieden mit Appellen an Politiker*innen, die eh im Sand verlaufen. Wenn es bei einem Appell bleibt, ist mensch immer darauf angewiesen, dass die Leute in den Machtpositionen gewillt sind, geforderte Maßnahmen umzusetzen.
Corona hat dazu geführt, dass Kontrollen ausgesetzt wurden und es an vielen Orten nicht mehr möglich ist, Tickets zu kaufen. Der öffentliche Nahverkehr ist dadurch zwar nicht kostenlos, aber Schwarzfahren wird nicht mehr geahndet.
Es ist endlich an der Zeit, den kostenlosen Nahverkehr für alle durchzusetzen. Wir haben beschlossen, schonmal mit dem Rückbau der Fahrkartenautomaten zu beginnen, damit auch nach Corona Bus- und Bahnfahren umsonst ist.
Quelle: Indymedia (Tor), Spiegelung (Tor)