Aachen, 21. Januar 2019
Karlspreisträger Emmanuel Macron und Angela Merkel kommen zu Besuch nach Aachen wegen Erneuerung der deutsch-französischen Freundschaft. In diesen krisenhaften Zeiten für EU und parlamentarische Demokratie wollen die beiden sich gegenseitige Unterstützung zusichern bei wirtschaftlicher, kultureller, politischer und militärischer Zusammenarbeit. Übersetzt: Gemeinsames Fortführen des Spardiktats gegen die südeuropäischen Bündnispartner, Vorantreiben des neoliberalen Umbaus in den Mitgliedsstaaten (Sozialabbau), Sicherung der Vormachtstellung der beiden wirtschaftsstärksten EU-Mitglieder im Bündnis, weitere Schritte im neuen Wettrüsten mit China und Russland (EU-Armee), „Migrationskontrolle“aka gnadenlose Abschottung der EU, Außengrenzen mit Hilfe von noch mehr Frontex-Mördern, Kriminalisierung von Seenotrettung, Deals mit Despoten und Diktatoren vor den Toren der Festung Europa, Ausbau der Zusammenarbeit beim Überwachen/Datensammeln…weiterer Militarisierung in der Innenpolitik und die brutale Niederschlagung und Unterdrückung jeglichen Protestes dagegen (Loi Travail, G20, ZAD, Hambi, Gelbwesten). Zumindest in Frankreich ist der Widerstand in den letzten vier Jahren so immens geworden, dass Macron zu Zugeständnissen gezwungen wurde. Das reicht uns natürlich nicht. Jetzt scheint er sich Unterstützung bei seinen deutschen Freund*innen zu suchen, da sie ihm im eigenen Land vollends zu entgleiten droht.
Die Stipvisite der beiden nahmen wir zum Anlass unserer Wut über die Hofierung dieser beiden Riesenarschlöcher Ausdruck zu verleihen und haben dem Sitz der Karlspreisstiftung einen neuen Teilanstrich verpasst sowie die Scheiben zerdeppert. Und das mitten in der für den Besuch eingerichteten Sicherheitszone in der Innenstadt. Never ever feel safe! Die Stiftung finanziert und organisiert das Rahmenprogramm zur Vergabe dieser Auszeichnung für besondere Beiträge zum europäischen Projekt, man könnte auch sagen für den fiesesten Neoliberalen auf EU-Ebene.
Die Verleihung des Karlspreises an Macron im vergangenen Jahr hätte zynischer kaum sein können. Zeitlich parallel zur Räumung der ZAD in Notre-Dame-des-Landes (NDDL) wurde der französische Präsident für seine Verdienste für ein friedliches Europa geehrt. Dabei zeichnete das Vorgehen der französischen Militärpolizei (Gendarmerie) ein völlig anderes Bild. Der wochenlange Einsatz von Tränengas, Sprenggranaten (GLE F4), Gummigeschossen und sonstigen Waffen richtete sich gegen all jene, die ihre Projekte und Wohnorte innerhalb des besetzten Gebiets nicht legalisieren und der kapitalistischen Verwertung unterwerfen wollten. Die Spaltungslinie war offensichtlich: Legalisierungs-Angebote für wirtschaftlich nutzbare Orte, brutale Angriffe im Falle der Verweigerung. Es enthüllte sich die Spaltung an der Frage „contre l‘Aeroport“ – gegen den Flughafen vs. „contre l‘aeroport et son monde“ – gegen den Flughafen und seine Welt. Die Frage ob es „nur“ um die Verhinderung eines konkreten Bau-Projekts geht oder um den Kampf gegen eine Welt der kapitalistischen Ausbeutung und der Staatsmacht/Staatsgewalt.
Nachdem im Februar 2018 verkündet wurde dass der geplante Flughafen, gegen den sich die Besetzung des Gebiets richtete, nicht gebaut wird, verkündete Macron im gleichen Atemzug eine Null-Toleranz-Politik gegenüber allen Orten, die sich dem staatlichen Zugriff zu entziehen versuchen. In den folgenden Wochen wurden Haus- und Landbesetzungen geräumt, obwohl es noch Winter war und Wohnorte während den Wintermonaten theoretisch vor einer Räumung geschützt sein sollen. Wenn es aber um Macrons Machtdemonstration geht dann werden Menschen eben auch bei Temperaturen tief unter Null auf die Straße geworfen.
Ein Projekt das auch davon betroffen war, ist die (geräumte) Waldbesetzung in Bure. Der Widerstand gegen ein dort geplantes Atommüll-Lager sollte sich nicht von der erfolgreichen Bekämpfung des Flughafens in NDDL ermutigen und intensivieren lassen.
Das heißt, dass die Absage des Flughafens nur ein scheinbarer Sieg war, da im gleichen Moment die totale Zerschlagung aller Orte (sowohl innerhalb der ZAD, als auch in ganz Frankreich) von denen ein ähnliches, ein aufständisches Potential befürchtet wurde, angestrebt und durchgeführt wurde.
Hier in Aachen wurde Macron von der Karlspreisgesellschaft eine Ehrung verliehen, während gleichzeitig hunderte Menschen im Hagel der Granaten verletzt und obdachlos wurden. Grund genug dieser Stiftung einen kleinen Besuch abzustatten.
Probz gehen raus an die Revolutionär*innen in Frankreich, die letztes Wochenende gefühlt das halbe Land auseinandergenommen haben!
In Gedenken an den, bei einer Aktion an der Aachener Grenze, gestorbenen Gelbwesten-Aktivisti!
Freiheit für die Gefangenen der Revolte!
Freiheit für alle!
Quelle: Indymedia (Tor)