Berlin, 8. Juni 2015
[B] Anschlag auf KiK-Filiale
In der Nacht zum 08.06. haben wir die Scheiben der KiK-Filiale in Berlin Friedrichsfelde mit Farbflaschen eingeworfen. Durch diese Aktion wurde ein Unternehmen angegriffen, welches seit Jahrzenten für katastrophale Arbeitsbedingungen, Ausbeutung und Tod verantwortlich ist.
Es ist einfach, die Augen vor den Lebensbedingungen derjenigen zu verschließen, die tausende Kilometer von Berlin entfernt in Fabriken für den Reichtum der westlichen Gesellschaften sterben. Umso wichtiger ist es, sich hier aktiv mit den kämpfenden Arbeiter*innen der Textilfabriken, die vor Ort gegen diese Zustände ankämpfen, zu solidarisieren und ihre Kämpfe sichtbar zu machen. Wir hoffen deswegen auf weitere direkte Aktionen gegen die Profiteure des Elends, wie sie zuletzt von unseren Gefährt*innen in Bremen und Berlin durchgeführt wurden.
Sterben für den Weltmarkt
Das Geschäftsprinzip von Unternehmen wie KiK zielt darauf ab, einer vornehmlich einkommensschwachen Kundschaft ein breites Warenangebot zu äußerst niedrigen Preisen anzubieten. Um trotz der geringen Verkaufspreise eine möglichst hohe Gewinnspanne zu erreichen, wurden schon vor langem die betreffenden Produktionsketten in wirtschaftlich marginalisierte Regionen mit entsprechend geringen Lohnkosten ausgelagert.
Vor Ort sind die vom Verwertungszwang am stärksten betroffenen Bevölkerungsschichten mit einer Industrie konfrontiert, die im globalen Wettrennen um Aufträge permanent versucht ihre Produktionskosten nach unten zu drücken. Jede Brandschutzmaßnahme, Arbeitspause oder Lohnerhöhung senkt die Gewinnspanne der Fabrik und der Handelsunternehmen wie KiK und gilt es zu verhindern. Jegliche gewerkschaftliche Organisierung der Arbeiter*innen wird mit Drohungen, Entlassungen und notfalls militärischen Mitteln beantwortet, um um jeden Preis eine Unterbrechung des Produktionsprozesses zu verhindern.
Menschenleben wird in der Jagd nach Geld keine große Bedeutung zugemessen als die ihrer zu nutzenden Arbeitskraft. So wurde zum Beispiel 2009 von einem Todesfall einer 18-jährigen Näherin berichtet, die an sieben Tagen in der Woche 13 bis 15 Stunden in einer Textilfabrik in Chittagong arbeitete und an Erschöpfung starb. Besonders Frauen*, die den größten Anteil (Bangladesch ist nach China heute der zweitgrößte Textilexporteur der Welt. Die Kleidungsindustrie beschäftigt rund vier Millionen der 160 Millionen Einwohner, 90 Prozent sind Frauen) der Arbeiter*innen bilden, sind an ihren Arbeitsplätzen von sexualisierter Gewalt, Belästigung und Einschüchterung betroffen.
Wenn hunderte Arbeiter*innen in den Produktionshöllen der Textilindustrie sterben (und so gut wie alle an Folgeerkrankungen zu leiden haben), ist dies kein aus der Normaltität fallendes Unglück, sondern Resultat eines Produktionsprozesses in dem die Lohnabhängigen bis aufs äußerste auf den Wert ihrer Arbeitskraft reduziert sind und der fester Bestandteil der Gewinnkalkulation von KiK, H&M, Zero etc. ist. Dass Unternehmen und Nationen am oberen Ende der globalen Verwertungsketten ihre Verantwortung für diese Verhältnisse konsequent bestreiten, bleibt purer Zynismus.
Global Player KiK
Mit um die 2600 Filialen und einem Umsatz von ca.1,7Mrd € im Jahr ist das Unternehmen KiK, das zum Handelskonzern Tengelmann gehört, der umsatzstärkste Textildiscounter Deutschlands. Die Abkürzung von “Der Kunde ist König” steht dabei für ein weiteres Beispiel kapitalistischer Ausbeutung und Verwertungslogik, bei der 67,5% (2014) der Produktion in asiatischen Ländern eine möglichst große Gewinnspanne garantieren sollen. Während die Textilarbeiter*innen in Bangladesh pro Hose wenige Cent (ein paar Rupien), pro Tag zwischen 1,50€ und 5€ und im Monat einen Lohn von weniger als 60€ erhalten, lässt sich ein T- Shirt bereits ab 2,99 Euro bei Kik verkaufen.
Genau diese T- Shirts wurden in der, im September 2012 niedergebrannten Fabrik “Ali Enterprises” in Karatschi (Pakistan), wo um die 260 Menschen starben, produziert. Ein Menschenleben war dem Konzern Kik nach dem Brand eine Entschädigung von genau 1930 Dollar (insgesamt 500.000 Dollar) wert. Dass Menschen bei der Produktion von billiger Kleidung für westeuropäische Länder ums Leben kommen ist kein Einzelfall. Bei einem Brand bei Tazreen Fashions (Brand in der Tazreen-Kleiderfabrik im November 2012) in Dhaka (Bangladesh) starben im November 2012 um die 100 Arbeiter*innen. Im April 2013 kamen bei dem Einsturz des Rana-Plaza-Komplexes, ein Gebäude mit fünf Textilfabriken in Sabhar in der Nähe von Dhaka , 1100 Menschen ums Leben, 2500 wurden schwerverletzt. Hier ließen unter anderem Kik, Mango, Adler und Benetton für ihre Profite produzieren.
Proteste der Arbeiter*innen
Gegen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie gibt es immer wieder Großproteste von Arbeiter*innen. Anfang Januar 2014 gingen in Kambodscha zwischen 50.000 und 150.000 Beschäftigte auf die Straße. Die Proteste wurden von der Militärpolizei gewaltsam beantwortet. Vier Menschen wurden durch Schüsse ermordet, 38 verletzt und 23 festgenommen. Bei einem Streik in Vietnam im April 2015 verweigerten tausende von Arbeiter*innen die Arbeit und stellten sich sieben Tage lang gegen Arbeitsbedingungen und die gesetzliche Neuregelung der staatlichen Rentenversicherung, die ihnen erst eine Rente zusichern sollte, wenn bereits 20 Jahre geschuftet wurde.
Wir solidarisieren uns mit den vier Betroffenen des Brandes in Karatschi, die vor dem Landgericht Dortmund auf ihre eigene Art ihren Kampf gegen Kik führen. Sie fordern für den schwersten Industrieunfall in der Geschichte Pakistans eine Entschädigung von je 30.000€ von dem Konzern.
Kämpfe verknüpfen, Solidarität praktisch werden lassen, think global, act local!
Autonome Gruppen / Gruppe Shila Begum
einige Aktionen gegen KiK-Filialen:
Quelle: Linksunten