Nach der Attacke auf Fahrkartenautomaten der Halleschen Verkehrs AG (HAVAG) haben sich linksradikale Gruppen bekannt. In der Nacht zu Donnerstag waren zehn Automaten mit Bauschaum verklebt worden. Den Schaden schätzt die HAVAG auf 170.000 Euro. Offenbar sind aber auch Automaten weiterer Unternehmen im Umland betroffen. Dazu liegen aber noch keine Details vor.
“Diese Tat war gezielt und darf nun als Anpfiff für direkte Aktionen gegen öffentlichen, aber immer noch kostenpflichtigen Personenverkehr verstanden werden”, heißt es in dem Bekennerschreiben. Man wolle einen fahrscheinfreien öffentlichen Nahverkehr für alle Menschen. Dafür solle es keinen Pflichtbeitrag aller Menschen in der Region, keine neue Steuer und keine anderen direkten Kosten für die Menschen geben. “Stattdessen wollen wir, dass der öffentliche Personenverkehr, der auch im Moment bereits staatlich subventioniert und getragen wird, vollständig aus staatlichen Geldern finanziert wird.”
Nötige Kosten könnten beispielsweise durch Einsparungen im Straßenbau erzielt werden. Es müsse endlich Schluss sein “mit den diskriminierenden Fahrpreisen, die zahlreiche Menschen willkürlich in ihrer Mobilität einschränken. Wer sich nämlich keinen Fahrschein leisten kann und womöglich außerhalb der Zentrumsregionen wohnt oder Alternativen wie Fahrradfahren aus anderen Gründen nicht nutzen kann oder will, der*die wird vom öffentlichen Leben strukturell ausgeschlossen.”Man habe weder Lust, sich durch gesellschaftliche Normen in der eigenen Entfaltung einschränken zu lassen, noch sehe man ein, “warum eine Diskriminierung von Menschen durch Fahrscheine notwendig sein soll, außer wenn sie der gezielten Unterdrückung von Menschen mit geringen oder keinen finanziellen Möglichkeiten dient. Dies wird noch einmal deutlicher, wenn man sich die Anzahl der Personen, die in Deutschland eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe absitzen, ansieht.” Diese Ersatzfreiheitsstrafen gibt es, wenn eine Person eine von einem Gericht verhängte, strafrechtliche Geldstrafe ganz oder teilweise nicht bezahlen kann – beispielsweise durch Schwarzfahrten. Laut Verband Deutscher Verkehrsunternehmen haben deutschlandweit zuletzt etwa 7.000 von 230.000 angezeigten Schwarzfahrern eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt. “Die Bestrafung des fahrscheinfreien Fahrens kann dabei als ein Repressionsmittel gegen arme Menschen angesehen werden.”
Mit der Aktion hoffe man, dass ein Umdenken bei Verantwortlichen bei der HAVAG und des halleschen Stadtrates erreicht werde. “Bis dahin ist jeder Automat, egal ob in der Bahn oder außerhalb, innerorts oder im Umland im Visier. Für eine kostenlosen Personenverkehr. Für eine Zukunft ohne Armut. Reichtum für alle!”
Zwei kapitale Fehler machen die Angreifer aber. Zum einen ist für sie die HAVAG ein Privatunternehmen – sie ist aber eine 100-prozentige Tochter der Stadt. Zum anderen wird erklärt, die HAVAG werden sowieso zu 90 Prozent vom Steuerzahler subventioniert. Die 90-Prozent-Förderung betrifft aber Bauvorhaben im Rahmen des Stadtbahnprogramms aus. Die Ticketpreise werden zu gut einem Drittel subventioniert.
Quelle: dubisthalle.de