Bonn, 10.+23. Dezember 2019 + 19. April 2020
Seit Ende 2019 standen gleich mehrere Bonner Sendeanlagen in Flammen. Die Bonner Polizei prüft einen Zusammenhang. Einen ideologischen Hintergrund hält sie derzeit für unwahrscheinlich.
Es scheint so, als gebe es in Bonn eine Serie von Brandanschlägen auf Sendemasten. Mindestens fünf Taten gab es in den vergangenen Monaten im Stadtgebiet. Die Polizei prüft, ob es einen Zusammenhang gibt, man sei außerdem „mit anderen Behörden und dem Landeskriminalamt im Gespräch“, sagte Sprecher Michael Beyer auf GA-Anfrage. Noch tappen die Ermittler im Dunkeln: Zwar gibt es keine Hinweise auf überörtliche Täter, aber Corona-Pandemie auch eine andere heiße Spur fehlt bislang. Und auch das „Warum“ ist bisher noch nicht geklärt.
Wie berichtet, hatte am 19. April der Sendemast auf dem Gelände des Sportparks Nord gebrannt. Die Polizei geht davon aus, dass das Feuer gelegt wurde. Ebenso verhält es sich mit Anschlägen auf die Anlagen in Schweinheim und am Heiderhof. Der Mast, der am Ende der Straße Im Hohn am Rande des Kottenforstes zu finden ist, wurde kurz vor Heiligabend von einem Feuer zerstört. Auf dem Heiderhof hatte es innerhalb weniger Wochen sogar dreimal gebrannt, zuletzt Anfang Januar.
War dies Ende 2019 noch kein Thema, stand nun die Frage im Raum, ob es sich bei dem Brand an der Kölnstraße um einen Anschlag von Verschwörungstheoretikern handeln könnte. In mehreren europäischen Ländern, darunter in Großbritannien und den Niederlanden, hatten diese einen Zusammenhang zwischen dem Ausbruch der Corona-Pandemie und dem Ausbau des neuesten Mobilfunknetzes 5G hergestellt. Daraufhin war es zu Anschlägen auf Mobilfunkmasten gekommen. Derzeit geht die Polizei allerdings nicht davon aus, dass es sich in Bonn um einen ähnlich gelagerten Fall handeln könnte. Ein Grund dafür ist das fehlende Bekennerschreiben, das bei den Anti-5G-motivierten Anschlägen stets vorhanden gewesen ist.
Der IT-Branchenverband Bitkom stellt ein gespaltenes Verhältnis der Deutschen gegenüber 5G fest. In einer Umfrage, die Bitkom selbst in Auftrag gegeben hatte, sprach sich fast jeder Zweite (48 Prozent) gegen den Aufbau weiterer Mobilfunkmasten aus, genau so viele aber votierten dafür. 43 Prozent wollen einen Bürgerprotest starten, wenn in ihrer Nähe Funkmasten errichtet werden sollten. Jeder Fünfte (22 Prozent) befürwortet laut Bitkom zwar den Mobilfunkausbau, möchte aber keinen Mast in der Nähe seiner Wohnung oder seines Grundstücks wissen.
Und wie bewerten die Nutzer der Mobilfunkmasten die Lage in Bonn? Bis auf die regionale Häufung im Stadtgebiet „erkennen wir keine Zunahme von Vandalismus an unseren Standorten“, so Benedikt Albers, Sprecher der Telekom-Tochter Deutsche Funkturm GmbH (DFMG). Vandalismus an den Anlagen sei selten, „es hat ihn aber auch früher schon gegeben“. Über die Ursachen könne man nur spekulieren. Bisher aber sei der DFMG in den zurückliegenden Jahren kein einziger Fall bekannt, „der eindeutig einem Täter mit mobilfunkkritischem Hintergrund zugeordnet werden kann“, so Albers.
Bei dem jüngsten Brand in der Nordstadt, der keine Auswirkungen auf das Vodafone-Netz gehabt habe, erkenne man keine Anzeichen für einen Anschlag, sagt auch Sprecher Volker Petendorf. Vandalismus sei das Stichwort. Diesen gebe es „an vielen verschiedenen Stellen in Deutschland an jedem Tag“. So unter anderem auch in Schulen, Vereinsheimen oder Bahnhöfen. In sehr seltenen Fällen seien Mobilfunkanlagen betroffen. Aktuell stelle man an den 25.000 Vodafone-Sandorten in Deutschland kein Mehr der Fälle fest.
Dem stimmt Jörg Borm, Sprecher von Telefónica Deutschland, zu. Brandstiftung sei sehr selten, die Mehrheit der Fälle werde durch Vandalismus ausgelöst. „Wir verzeichnen hier jedoch keine Zunahme in Deutschland.“ Zu Vorkommnissen in einzelnen Regionen könne man sich „auch aus ermittlungstaktischen Gründen nicht äußern“.
Quelle: General Anzeiger Bonn
Hängen die Taten zusammen, so kann man getrost von einer Serie sprechen. Wie berichtet, hat der Sendemast auf dem Heiderhof in den vergangenen Wochen dreimal gebrannt – zuletzt Anfang Januar. Dabei ist es allerdings nicht geblieben. Auch der Mast in Schweinheim, der am Ende der Straße Im Hohn am Rande des Kottenforstes zu finden ist, wurde von einem Feuer zerstört, berichtete ein Leser in der Facebook-Gruppe „I love Bad Godesberg“. Auf GA-Anfrage bestätigte die Polizei jetzt, dass es dort gebrannt hatte. Und das schon am 23. Dezember, gegen 3.20 Uhr.
Nach Auskunft von Polizeisprecher Simon Rott gehen die Beamten davon aus, dass es sich um Brandstiftung handele. Genau wie in allen drei Fällen auf dem Heiderhof. Deshalb, so Rott, „prüfen wir, ob es Zusammenhänge gibt“.
Der Mast in Schweinheim wird – genau wie der auf dem Heiderhof – von verschiedenen Anbietern genutzt, darunter auch die Telekom. „Der Standort ist außer Betrieb und aufgrund der Schwere der Beschädigung ist eine Wiederinbetriebnahme derzeit noch ungewiss“, so Presseprecher George-Stephen McKinney auf GA-Anfrage. Möglicherweise müssten die Gebäude sogar abgerissen werden. Da aber weder die Telekom, noch ihre Tochter Deutsche Funkturm GmbH (DFMG) Eigentümer des Gebäudes seien, „können wir hier im Moment nicht tätig werden“. Probleme gebe es dennoch so gut wie keine. „Trotz dieser Umstände ist unsere Einschätzung, dass der Ausfall der verbauten Technik weitestgehend von umliegenden Standorten kompensiert wird“, sagte McKinney. Das bedeute für die Kunden zwar Beeinträchtigungen bezüglich der Netzverfügbarkeit, „allerdings handelt sich, glücklicherweise, um keinen Total-Ausfall“.
„Beeinträchtigungen im o2-Netz“
Telefónica Deutschland nutzt beide Masten – auf dem Heiderhof und in Schweinheim. Dies führt laut Pressesprecher Jörg Borm „ zu Beeinträchtigungen im o2-Netz vor Ort. Dies bedauern wir sehr.“ Man arbeite mit Hochdruck an der „Wiederherstellung der Mobilfunkversorgung im Gebiet Heiderhof“. Trotzdem könne man keinen konkreten Termin für die Ersatzversorgung nennen. „Derzeit nehmen unsere Techniker umfangreiche Prüfungen vor – unter anderem muss die Statik der Funkmasten einer detaillierten technischen Analyse unterzogen werden“, so Borm.
Auch ein weiterer Standort scheint betroffen gewesen zu sein. Nach Auskunft von Vodafone-Sprecher Volker Petendorf betreibt der Konzern eine Mobilfunkstation an der Adresse Freier Weg 1. Dabei handele es sich um einen Maststandort, der ehemals vom WDR genutzt wurde und nun von der DFMG betrieben werde. Diese habe Vodafone am 10. Dezember darüber informiert, „dass es in ihrem Container einen kleinen Brand gegeben habe“, so Petendorf. Vodafone-Systemtechnik oder -Antennen seien davon nicht betroffen gewesen. Auch habe es keine Auswirkungen auf den Netzbetrieb und damit keine Einschränkungen für die Kunden gegeben. „Es musste lediglich der Ruß durch eine Reinigungsfirma entfernt werden“, teilte Petendorf mit.
Und wie sah es auf dem Heiderhof aus? Auf dem dortigen Gelände sind, wie berichtet, sämtliche Telefonanbieter mit Containern und Antennen vertreten. Auch der Digitalfunk von Polizei und Feuerwehr läuft über den Mast. Weder im Mobil- noch im Digitalfunk aber hatte es Ausfälle durch das Feuer gegeben.
Quelle: General Anzeiger Bonn