Rassistische und menschenverachtende Zustände angreifen und Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen!
Die Unterbringung in Massenunterkünften, die fahrlässige Gefährdung hunderter geflüchteter Menschen durch das Covid-19 Virus und politisch kalkulierte Desinformation der Öffentlichkeit sind unerträglich. Wir spitzen den Konflikt zwischen den Bewohner*innen der Landesaufnahmestelle (LASt) in der Lindenstraße in Bremen-Vegesack zu und haben deshalb den Hauptsitz der Arbeiterwohlfahrt (AWO) mit Farbflaschen, Farblöscher und Steinen bearbeitet.
Eine Geschichte von Verantwortung und Rassismus
Die AWO in Bremen betreibt im Auftrag der Bremer Sozialbehörde die Landesaufnahmestelle (LASt) für geflüchtete Menschen in Bremen. Weder die Sozialbehörde, noch die AWO ziehen Konsequenzen aus der von ihnen zu verantwortenden Ansteckung von über 120 Bewohner*innen mit dem Corona-Virus. Stattdessen werden die Zustände verharmlost, kleingeredet oder geleugnet. Alle bislang vorgenommenen Maßnahmen waren lange überfällig und sind nur unter dem Druck der Protestierenden und der damit verbundenen Öffentlichkeit getätigt worden. Kennen wir alles schon!
Die LASt war schon vor der Corona-Krise scheiße! Massenunterkünfte sind per sé menschenunwürdig und repräsentieren die Art und Weise wie ein kapitalistisch und rassistisch strukturierter Staat mit geflüchteten Menschen umgeht.
Die Schließung des Lagers in der Lindenstraße fordern Bewohner*innen und Aktivist*innen schon lange. Auch bereits die Vorgänger in der Steinsetzerstraße oder andere Massenunterkünfte wurden immer wieder angeprangert oder mussten zum Teil auf Grund menschenunwürdiger Bedingungen geschlossen werden.
LASt Lindenstraße ein Quarantäne-Knast?
Der Ausbruch des Virus‘ in der Lindenstraße hat die Lage dramatisch verschlechtert: Mit mehreren Menschen, die man nicht kennt, in einem Zimmer in Quarantäne zu leben, ohne Zimmerdecke und ohne ein Fenster öffnen zu können. Von den sanitären Anlagen und der Kantine ganz zu schweigen (siehe Fotos und Videos von Bewohner*innen). Bewusste Desinformation, rassistische Schikanen, Kriminalisierung und Repression.
Dass selbst in Zeiten eines hoch ansteckenden Virus‘ die Kontrolle und Verwaltung geflüchteter Menschen wichtiger ist als deren Gesundheit, zeigt, dass hier im Zweifel über Leichen gegangen wird. Massenunterkünfte sind die Fortführung des europäischen Grenzregimes, dem täglich Menschen zum Opfer fallen.
Wir solidarisieren uns mit den protestierenden Bewohner*innen der Lindenstraße. Wenn Menschen in Lagern den Feueralarm betätigen oder Feuer legen und sich gegen das Sicherheitspersonal zur Wehr setzen, dann ist das ein Akt der Selbstermächtigung, vermutlich auch aus Verzweiflung, aber ganz bestimmt in Konfrontation mit denjenigen, die (stellvertretend) verantwortlich sind für die miserablen Verhältnisse, in denen die Menschen gezwungen sind zu leben. Es ist eine logische Folge daraus, dass auf vorhergehende Proteste nur mit Ignoranz und Repression geantwortet wurde.
Was sagt die AWO dazu?
Was sagt die AWO, Betreiberin des Lagers, zu den andauernden Protesten? „Fakten statt Fakenews“ betitelt der Wohlfahrtsverband seine Stellungnahme und weist alle Vorwürfe von sich. Aber das ist nichts neues. Seit Jahren betreibt die AWO Bremen z.B. die sogenannte „Rückkehrberatung“, in der Geflüchtete mit erpresserischen Methoden so lange unter Druck in die Perspektivlosigkeit gedrängt werden, dass sie, bevor sie abgeschoben werden, lieber “freiwillig“ ausreisen.
Das Leitbild der AWO, indem von „ … Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit“ geschwärmt wird, ist das Papier nicht wert auf dem es gedruckt ist.
„Ein bisschen Schwund ist immer…“
In Sachen Sozialarbeit ist die AWO in Bremen und auch anderswo ein einflussreiches und machtvolles Unternehmen, was mit der Verwaltung und „Versorgung“ von Menschen Geld verdient. Gerade als breit aufgestellter Wohlfahrtsverband, der mit regierenden Parteien stark verklüngelt ist (große Teil der AWO-Mitarbeiter*innen sind aktive SPD-Mitglieder) kann man sich gut staatliche Gelder für schlechte Arbeit oder gleich gar keine Arbeit bezahlen lassen. Ein trauriger Höhepunkt in der Geschichte der AWO sind wohl die massiven Betrugs- und Untreuefälle aus Hessen, die vor Kurzem aufgedeckt wurden. [1]
Die AWO steht an dieser Stelle natürlich nur stellvertretend für die rassistischen und menschenverachtenden Strukturen. Das heißt aber nicht, dass dieses Unternehmen keine Verantwortung für sein Handeln trägt. Handlungsspielräume wären gegeben, wenn man den eigenen (professionellen) Ansprüchen genügen wollen würde. Zum Beispiel einen Auftrag nicht anzunehmen, weil dabei natürlich nur scheiß Bedingungen für die Menschen, die verwaltet werden, herauskommen. Mit Macht kommt Verantwortung, der die AWO gar nicht erst gerecht werden möchte.
Europa führt Krieg gegen Geflüchtete. Einrichtungen wie die AWO sind tragender Bestandteil dieser rassistischen Abschiebe- und Abschottungspolitik.
Glasbruch und Farbe an einer Hauswand sind für uns ein legitimes wütendes Zeichen, um zu vermitteln, dass wir mit dieser Politik alles andere als einverstanden sind. Lasst uns den Druck weiter erhöhen!
Solidarität mit den Bewohner*innen der LASt Lindenstraße und allen anderen Unterkünften.
Es gibt keine richtige Erstaufnahmeeinrichtung im falschen Grenzregime!
#shutdownlindenstraße
Autonome Gruppen
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeiterwohlfahrt#Betrugs-_und_Untreueverdacht_in_Frankfurt_am_Main_und_Wiesbaden und https://www.hessenschau.de/politik/knapp-ueber-30-und-schon-100000-euro–wie-spd-jungpolitiker-bei-der-awo-spitzengehaelter-erhalten,awo-spd-jungpolitiker-100.html
Quelle: Indymedia (Tor), Spiegelung (Tor)